Sprache soll frei von Sexismus und Diskriminierung sein, aber trotzdem noch leicht verstanden werden. Diese Bedürfnisse stehen sich leider häufig im Weg – es kommt die Frage auf, wie man einen Text überhaupt richtig gendern kann. Verschiedene Methoden, Leitlinien und mögliche Komplikationen lassen unterschiedliche Antworten auf diese Frage zu.
Definition: Gendern
Das Wort „gendern“ (auch genannt: Gendersprache, Gendering, gendersensible Sprache, gendergerechte Sprache) bedeutet wortwörtlich übersetzt „vergeschlechtlichen“ und beschreibt einen geschlechterbewussten Umgang mit der Sprache. Um richtig zu gendern, werden Texte entweder komplett geschlechtsneutral oder aber so repräsentativ wie möglich, also unter Einbezug aller Geschlechtsidentitäten, verfasst.
Neben der Gleichstellung kann mit dem Gendering auch ein Zeichen gegen Sexismus beispielsweise in der Berufswelt gesetzt werden. Diese Funktion ist zum Beispiel bei Berufsbezeichnungen von Bedeutung, bei denen häufig stereotype Rollenbilder vorherrschen.
Ein Überblick der Gender-Schreibweisen
Es gibt unterschiedliche Schreibweisen, um sich gendergerecht auszudrücken. Diese beziehen entweder die Geschlechter mit ein, ohne Sonderzeichen zu verwenden, oder es werden Sonderzeichen verwendet, wie das Gendersternchen, der Schrägstrich oder der Doppelpunkt.
Die folgende Grafik zeigt dir die Möglichkeiten der Gender-Schreibweisen auf:
Richtig gendern in wissenschaftlichen Arbeiten
Universitäten und andere Hochschulen im deutschsprachigen Raum haben sich ausdrücklich der Gleichbehandlung aller Geschlechtsidentitäten verpflichtet. Das schließt auch die gendersensible Sprache mit ein, sodass die meisten Universitäten einen eigenen Leitfaden zum Thema anbieten. Bestehen keine Richtlinien, solltest du nachfragen, um in wissenschaftlichen Arbeiten richtig gendern zu können. Ansonsten droht ein Punktabzug.
Methoden ohne Sonderzeichen
Wer sich von Sternchen und Doppelpunkten überfordert fühlt, darf aufatmen, denn es gibt auch Gendern ohne Sonderzeichen. Das funktioniert beispielsweise durch:
Neutrale Formulierungen
Diese Methode ersetzt männliche durch geschlechtsneutrale Wortformen und ist aufgrund ihrer einfachen Lesbarkeit sehr beliebt.
Häufig wird die Geschlechtsneutralität durch eine der folgenden Varianten erreicht:
- Substantivierung
- Partizipformen
- Kollektivformen
Nicht empfehlenswert ist diese Form, wenn durch die Neutralität die Bedeutung eines Wortes verloren geht. So sind Schüler und Schülerinnen zwar „Lernende“, das Wort ist aber zu unspezifisch: Es kann sich auch auf jeden anderen Menschen beziehen, der sich weiterbildet.
Vorteile | Nachteile |
anerkannte Rechtschreibung | nicht bei allen Wörtern anwendbar |
Repräsentation aller Geschlechtsidentitäten |
Gendern mit Komposita
Komposita, also zusammengesetzte Wörter, müssen nicht immer gegendert werden. Vor allem bei von Substantiven abgeleiteten Adjektiven wie „freundlich“ oder „künstlerisch“ wird das Gendern nicht vorausgesetzt und ergibt auch keinen Sinn. Zusammengesetzte Substantive lassen sich mit dieser Methode aber leicht richtig gendern, denn für sie gibt es häufig eine geschlechtsneutrale Alternative.
Vorteile | Vorteile |
Anerkannte Rechtschreibung | Nicht bei allen Wörtern anwendbar |
Neigung zur Hyperkorrektur |
Richtig Gendern mit Paarform
Bei der Paarform wird die weibliche und männliche Wortform zugleich genannt, sofern eine weibliche Wortform existiert.
Vorteile | Nachteile |
weit verbreitet | keine Repräsentation nicht-binärer Geschlechtsidentitäten |
natürliche Ausdrucksweise bleibt erhalten | hoher Platzverbrauch |
einfache Lesbarkeit | Neigung zur Hyperkorrektur |
Generisches Maskulinum
Wer das generische Maskulinum benutzt, verwendet grundsätzlich die männliche Wortform, obwohl auch ein weibliches Pendant existiert. Um trotzdem richtig zu gendern, empfiehlt es sich, dem Text einen passenden Gender-Disclaimer voranzustellen. Dieser könnte beispielsweise lauten: „Das in diesem Text gewählte generische Maskulinum beschreibt zugleich männliche, weibliche und diverse Geschlechtsidentitäten.“
Vorteile | Nachteile |
unkomplizierte Umsetzung | alleinige Verwendung der männlichen Form |
keine Beeinflussung des Leseflusses | keine wirkliche gendersensible Sprachverwendung |
Der Gender-Disclaimer
Einige Fakultäten erlauben die Verwendung des generischen Maskulinums unter Einsatz eines sogenannten Gender-Disclaimers. Dies ist ein kurzer Text, der zu Beginn der wissenschaftlichen Arbeit platziert wird und erklärt, dass sich die maskuline Wortform auf alle Geschlechtsidentitäten bezieht.
Der Gender-Disclaimer kann beispielsweise folgendermaßen aussehen:
Methoden mit Sonderzeichen
Seit der Einführung der dritten Geschlechtsidentität „divers“ im Jahr 2018 ist das Gendern mit Sonderzeichen besonders in den Vordergrund getreten: Sie verdeutlichen einen Zwischenraum im Wort und lassen somit Platz für Menschen, die sich weder mit der männlichen noch mit der weiblichen Wortform identifizieren. Daher gibt es immer mehr Sonderzeichen, mit deren Hilfe man richtig gendern kann.
Es gibt verschiedene Varianten, um mit Satzzeichen zu Gendern:
Die Weglassprobe
Wenn du mit Sonderzeichen Gendern möchtest solltest du die Weglassprobe anwenden um zu überprüfen, ob das gegenderte Wort auch dann noch verständlich und grammatikalisch korrekt ist, wenn geschlechtsspezifische Endungen weggelassen werden.
Hierzu lässt du die Endung/Endungen nach dem Sonderzeichen weg und überprüfst ob dies dann noch eine grammatikalisch richtiges Wort ist.
Richtig Gendern mit Gendersternchen
Beim Gendern mit dem Sternchen wird das Femininum genutzt. Zwischen dem Wortstamm und der weiblichen Wortendung wird allerdings ein Stern gesetzt, auch bekannt als Asterisk oder Gendersternchen.
Vorteile | Nachteile |
Repräsentation aller Geschlechtsidentitäten | beeinflusst den Lesefluss |
keine anerkannte Rechtschreibung |
Richtig Gendern mit Unterstrich
Diese Form funktioniert ähnlich wie die Nutzung des Gendersternchens. Statt des Sterns wird jedoch ein Unterstrich verwendet, der auch als „Gender-Gap“ bezeichnet wird.
Vorteile | Nachteile |
Repräsentation aller Geschlechtsidentitäten | beeinflusst den Lesefluss |
keine anerkannte Rechtschreibung |
Richtig Gendern mit Doppelpunkt
Auch diese Variante ähnelt dem Gendern mit dem Sternchen. Anstelle des Sterns, ist es jetzt aber das Gendern mit Doppelpunkt.
Vorteile | Nachteile |
Repräsentation aller Geschlechtsidentitäten | beeinflusst den Lesefluss |
keine anerkannte Rechtschreibung |
Richtig Gendern mit Binnen-I
Diese Form nutzt das Femininum, das auf den Wortstamm folgende „i“ wird jedoch großgeschrieben. Ein Sonderzeichen abseits des sogenannten Binnen-I ist nicht erforderlich.
Vorteile | Nachteile |
weit verbreitet in der Gesellschaft | keine Repräsentation nicht-binärer Geschlechtsidentitäten |
keine anerkannte Rechtschreibung |
Richtig Gendern mit Klammern
Beim Gendern mit Klammern wird die weibliche Wortendung in Klammern gesetzt.
Vorteile | Nachteile |
anerkannte Rechtschreibung | beeinflusst den Lesefluss |
weit verbreitet | keine Repräsentation nicht-binärer Geschlechtsidentitäten |
Richtig Gendern mit Schrägstrich
Bei dieser Variante wird nach der männlichen Wortform ein Schrägstrich und ein Bindestrich gesetzt, anschließend folgt die weibliche Wortendung.
Vorteile | Nachteile |
anerkannte Rechtschreibung | beeinflusst den Lesefluss |
weit verbreitet | keine Repräsentation nicht-binärer Geschlechtsidentitäten |
Das muss beachtet werden
Wie bei allen Bereichen des wissenschaftlichen Arbeitens, gibt es auch beim richtigen Gendern Herausforderungen, auf die man achten muss.
Herausforderungen beim Gendern
Richtig gendern ist vor allem im Rahmen der Barrierefreiheit schwierig. Wer beispielsweise nicht gut Deutsch spricht oder eine Leseschwäche hat, könnte Probleme haben, gegenderte Wörter zu verstehen.
Eine andere Herausforderung stellt die Unpersönlichkeit dar. Gerade geschlechtsneutrale Formulierungen schaffen häufig eine ungewollte Distanz zu den beschriebenen Menschen: „Das Personal“ ist viel unnahbarer und gesichtsloser als „Der Mitarbeiter“ es wäre.
Fehlerfreies Gendern
Der wohl häufigste Fehler beim richtigen Gendern ist die Hyperkorrektur, bei der auch Wörter gegendert werden, die dies nicht erfordern, da es keine weibliche Form des Wortes gibt. Hierzu zählen zum Beispiel „Mensch“, „Mitglied“ oder „Gast“. Eine andere Form der Hyperkorrektur ist das Gendern, obwohl das Geschlecht einer Person bekannt ist („Max Müller ist der*die Herausgeber*in“). Um solche Fehler zu vermeiden, empfiehlt sich die Nutzung des Genderwörterbuches, das im Internet passende gegenderte Formen eines Wortes anbietet.
Kompliziert sind auch Wörter, deren weibliche Form einen Umlaut enthält, wie beispielsweise bei „Arzt“ und „Ärztin“. Statt „Arzt*in“ oder „Ärzt*in“ sollte dann lieber auf die Paarform zurückgegriffen werden.
Richtig gendern beinhaltet zuletzt auch, im ganzen Text konsequent die gleiche Form des Genderings umzusetzen. Die einzige Ausnahme bilden Zitate, die nicht gegendert werden dürfen. Auch Amtsbegriffe wie beispielsweise „Kanzleramt“ oder „Kultusministerkonferenz“ sollten nicht gegendert werden, da es sich hier um feststehende Bezeichnungen handelt.
Richtig Gendern in 2022
Die Gesellschaft für deutsche Sprache unterstützt gendersensible Sprache. Diese solle jedoch verständlich und lesbar umgesetzt werden, weshalb die Organisation im Rahmen der Barrierefreiheit von Sonderzeichen abrät. Im Gegenzug erlassen immer mehr Stadtverwaltungen eigene Richtlinien für die sprachliche Gleichbehandlung in behördlichen Angelegenheiten, die dann auch Sonderzeichen umfassen können. In der Wirtschaft bemühen sich vor allem große Dienstleistungsunternehmen, richtig zu gendern.
Besonders weit verbreitet ist das Gendering in den sozialen Netzwerken. Diese sprechen maßgeblich junge Zielgruppen unter 35 Jahren an, für die der geschlechterbewusste Sprachgebrauch eine wichtige Thematik darstellt. Nicht nur Influencer, sondern auch zahlreiche Medien-Accounts bemühen sich, richtig zu gendern: Sogar die Tagesschau, die das Gendern im Fernsehen außer Acht lässt, nutzt online das Gendersternchen.
Fazit
Das richtige Gendern dient vorwiegend der Gleichstellung und Repräsentation: Alle Geschlechter sollen sich angesprochen fühlen. Am bekanntesten ist wohl das Gendering durch die Verwendung geschlechtsneutraler Synonyme. Daneben existieren verschiedene Varianten mit Sonderzeichen, etwa das mittlerweile sehr populäre Gendersternchen. In jedem Falle sollte beachtet werden, dass für den ganzen Text ein und dieselbe Form verwendet wird und diese mit den Leitlinien der jeweiligen Institution, wie zum Beispiel einer Hochschule oder Behörde, konformgeht.
Häufig gestellte Fragen
Das sind die Möglichkeiten richtig zu gendern:
- Gendersternchen: Lehrer*innen
- Binnen-I: ArbeiterInnen
- Unterstrich: Student_innen
- Schrägstrich: Der/die Professor/in
- Paarform: Schüler und Schülerinnen
- Geschlechtsneutral: Lehrkräfte
Es wird auf den Wortstamm Kolleg gekürzt und dann die gewünschte Genderform angehängt:
- Kolleg*innen
- Kolleginnen und Kollegen
- Kolleg_innen
- Kolleg:innen
- KollegInnen
- Teammitglieder
Man kann gerne „Kundschaft“ oder „Interessenten“ verwenden. Sonst wird auf den Stamm Kund gekürzt und die gewünschte Genderform angehängt:
- Kund*innen
- Kund_innen
- Kund:innen
- KundInnen
- Kundinnen und Kunden
Freundinnen und Freunde ist absolut richtig. Ansonsten kann man auch mit Sonderzeichen gendern, indem man diese an den Wortstamm Freund anhängt:
- Freund*innen
- Freund_innen
- Freund:innen
- FreundInnen
Die häufigste Variante des Genderings ist das sogenannte Gendersternchen.